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Ich meine ja nur

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Was darf Satire?

Von Großeltern, Motorrädern, Satire und Rechtfertigungsversuchen.

Häufig ist es gut, wenn man nicht unmittelbar auf Ereignisse reagiert und erst einmal abwartet ob und wie sich Befürworter und Gegner mit einem Ereignis auseinandersetzen. Worum es gehen wird, beziehungsweise welche Ausmaße das so genannte Satirevideo des WDR-Kinderchors zur Klimadiskussion in Wirklichkeit hat, kann man vermutlich schon an der zweiten Überschrift erahnen.

Doch nun zu den Details

Es ist ein Kinderlied, das alle kennen. „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ haben die Mädchen eines Dortmunder Kinderchores im Auftrag des WDR und unter der musikalischen Leitung von Zeljo Davutovic in einem knapp 90 Sekunden langen Video auf der Facebook-Seite des Senders gesungen. Aber abgesehen vom Refrain ist der Text komplett neu.

Oma ist hier nämlich keine „patente Frau“ wie im Original – sondern - „ne alte Umweltsau“. Eine, die tausend Liter Super jeden Monat verbrennt, mit dem SUV zum Arzt fährt, zehn Kreuzfahrten im Jahr macht und sich Billigfleisch vom Discounter aufbrät „2019 Friday for Future Version“ hat der WDR die Neufassung.

Das Video endet mit einer bemerkenswerten Feststellung in englischer Sprache die man frei wie folgt übersetzen kann: Wir lassen euch nicht damit davonkommen!

Ist das nun eine Drohung oder auch nur Satire?

War der Sturm der Entrüstung nicht absehbar?

Doch. Er war absehbar. Nicht nur weil der Text samt Inhalt vollkommen am Thema vorbei geht und dieser inhaltlich auch fehlerbehaftet ist. Denn nur wenn man nicht ideologisch denkt, sich nicht zu weit von seinen Hörern entfernt und sich bewusst macht, dass der Altersdurchschnitt aller Radiohörer in Deutschland bei 47,7 Jahren liegt, hätte man wissen müssen, was passiert.

Wie gesagt, das ist der Durchschnitt der 8,05 Millionen WDR-Hörerinnen und -Hörer die täglich das zwangsfinanzierte Angebot nutzen. Ab 50 Jahren, das dürfte dann zirka die Hälfte der Hörer sein, hat man gute Chancen Oma oder Opa zu sein. Also zu der Klientel zu gehören, welche nach einer verunglückten Satire, die Umweltsäue der Nation darstellen.

Interessant wird es aber nun erst richtig, denn mit diesem Gegenwind der Entrüstung hatte man ja nicht gerechnet. Auch nicht damit, dass sich der Landesvater von NRW angewidert äußert, wobei er sich in guter Gesellschaft befindet.

Auch eine spontan angemeldete Demonstration gegen den WDR hat man nicht erwartet. So kommt es dann auch wie es kommen muss in unserem Land, denn die Demonstranten sind natürlich Nazis. Zumindest wenn es nach links-grünen-Politikern geht, welche die Aktion des WDR befürworten. Es kommt also wie gerufen und man kann das Totschlagargument der Nazikeule schwingen.

(Sven Lehmann war von 2010 bis 2018 Landesvorsitzender der Grünen NRW, seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages)

Woran hat man das erkannt? (Achtung nun folgt Satire) Hat man die Schädelformen und den Abstand der Augen vermessen? Hatten die Demonstranten alle blonde Haare und blaue Augen? (Man merkt schon, dass Satire auch geschmacklos sein kann?)

Als wäre das nicht genug, meldet sich auch noch ein, vom WDR-bezahlter, „freier“ Mitarbeiter zu Wort, der den Großeltern öffentlich attestiert, sogar Nazisäue zu sein. Was natürlich noch viel schlimmer ist als wenn man nur eine Umweltsau ist. Es ist schon erstaunlich, wer da von unseren Zwangsgebühren so alles bezahlt wird.


Dieser, von unseren Gebühren bezahlter, aufrechte „Kämpfer gegen rechts“ (so bezeichnet er sich selbst und angeblich jahrelang als Danny Marx bei der Antifa in Dortmund aktiv) vergisst allerdings in seiner wirren Ideologie, dass selbst Oma und Opa mit Ihren 80 Jahren am Ende des Krieges mal nur 6 Jahre alt waren und nach seinem Verständnis also wirklich echte Nazis gewesen sein müssen.

Von den ganz wenigen Omas und Opas die Ihre Enkel mit dem SUV zur heimischen Montessori-Schule fahren dürften die meisten deutlich unter 70 Jahren sein. Sie waren somit am Ende des Krieges nicht einmal geboren. Aber wen scheren solche Fakten schon, wenn man zur Nazikeule greift?

Und es geht noch tiefer im Sumpf der Schmähungen

Als wäre alles nicht schon schlimm genug und als müsste man nicht besser in sich gehen, kommt noch ein Erfüllungsgehilfe hinzu der dem WDR und dem System, von dem er gut und gerne lebt, öffentlich die Stange hält. Die Speerspitze der neuen deutschen Satire schlägt erneut erbarmungslos zu und titelt bezogen auf das Thema der Alten wie folgt:

Auch hier zählen nur die Fakten

Eine gesonderte Auswertung der aktuellen Daten nur für Rentner bekommt man vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, einem IT-Dienstleister des Statistisches Landesamtes - und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Aus den neu ausgewiesenen reinen Rentnerhaushalten sind es mit 19,5 Prozent der Rentner, welche in Altersarmut leben - fast jeder Fünfte. Der Rentenbestand in Deutschland im Jahr 2018 betrug für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) rund 25,7 Millionen Personen. Nach den neuen Zahlen bedeutet das also, dass rund 5 Millionen Rentner betroffen sind.

Nimmt man nun noch Empfänger von Sozialhilfe, ALG1 & ALG2 dazu, dann kann man verstehen das Millionen Menschen in Deutschland auf billige Lebensmittel angewiesen sind.

Nicht umsonst ist die Zahl der Tafeln in Deutschland um 1000 Prozent (seit Gründung) gestiegen!

Das gilt natürlich nicht für Herrn Böhmermann, der sich, in seinem Elfenbeinturm (auch mit meinem Geld bezahlt), wirklich schämen sollte.

Aber auch eine Kolumnistin der von mir so geschätzten NZZ schlägt meiner Meinung nach über die Stränge, wenn sie versucht das Video und seine Botschaft zu verharmlosen. So fragt Anja Stehle: Muss Satire nicht auch ein bisschen weh tun? Oder darf man über die geliebte Oma kein Witzchen mehr machen?

Das ist aus meiner Sicht recht leicht zu beantworten

Natürlich darf man über die Oma liebenswerte Witze machen, aber man darf sie und eine ganze Generation nicht pauschal verunglimpfen und beschimpfen! Schon gar nicht mit öffentlichen Mitteln und schon gar nicht massenmedial!

Darf Satire weh tun? Darf Satire alles?

Nein das darf sie nicht, denn es gibt Grenzen. Nicht nur die des guten Geschmacks, sondern auch dann, wenn es um Verunglimpfung, Verharmlosung, Respektlosigkeit, Intoleranz und ganz klar darum geht, die persönliche Ehre verletzen zu wollen. Das hat dann am Ende nichts mehr mit Satire zu tun, sondern mit Ausgrenzung und schlimmen möglichen Folgen.

Dazu folgen nun einige ehemalige und aktuelle Beispiele:

Im Zusammenhang mit der Erhaltung des KZ Auschwitz ließ sich im Netz die satirische Frage finden, ob man „das Ding“ mit dem Geld wiedereröffnen wolle. Darf Satire das wirklich? Oder darf sie es nur wenn Satire öffentlich-rechtlich ist?

Wer erinnert sich nicht noch an die Mohamed-Karikaturen aus Dänemark und die dramatischen Folgen?

Es wurden Kopfgelder ausgesetzt und auch noch 5 Jahre später gab es Mordanschläge auf die Beteiligten. Darf Satire tatsächlich Glaubensgemeinschaften unter Generalverdacht stellen oder ist das nicht schon Propaganda?

 

Satire und Propaganda

Ja – hatten wir schon!

Zum guten Schluss

Was ist denn eigentlich Satire? Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typische Stilmittel der Satire sind die Übertreibung als Überhöhung oder die Untertreibung als bewusste Bagatellisierung bis ins Lächerliche oder Absurde. Üblicherweise ist Satire eine Kritik von unten (Bürgerempfinden) gegen oben (Repräsentanz der Macht) vorzugsweise in den Feldern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur.

  • Nach Schiller stellt die Satire die mangelbehaftete Wirklichkeit einem Ideal gegenüber.
  • Didaktik: direkte oder indirekte Absicht zu belehren und zu verbessern.
  • Unterhaltung: Nähe zu Formen der Komik und zur Parodie, von denen sie sich durch die kritische Haltung unterscheidet.

Satire ist jedoch nie polemisch, einseitig, parteilich, beleidigend, ehrverletzend & sie darf in der Demokratie nicht der Agitation bis hin zur Aggression dienen!

In diesem Sinne der Satire findet man gute Beispiele bei Ephraim Kishon, Volker Pispers, MAD, pardon, The Front Page , Der große Diktator, Schtonk! und natürlich bei Dr. Seltsam (um nur wenige zu nennen).

Selbst ein rein oberflächlicher Vergleich, zwischen den oben genannten Beispielen, zum WDR-Machwerk oder einigen der heute so hoch gelobten Satiriker im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeigt, dass das was uns heute als Satire verkauft wird absolut nichts mit Satire zu tun hat. Aber die Absicht ist zu erkennen und das scheint keine gute Absicht zu sein.

Darf Satire unter diesen Umständen wirklich alles? Wohl kaum!

Ich meine ja nur…

 

Tags: satire
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